Premiere des Musicals Jesus Christ Superstar am 20.07.2005 in der Amstettner Eishalle
Superstar for ever
Zweitausend Jahre nach dem irdischen Dasein Jesu ist das Buch über sein Leben, das. Evangelium, noch immer ein weltweiter Topseller. So ist auch A.L. Webbers Jesus Christ Superstar, eine "Rock Oper" über Jesu Leiden und Sterben, das weltweit meistgespielte Musical. Mit diesem Werk wurde auch die Amstettner "Musicalsaison", die bis 13. August dauert, von Landeshauptmann Erwin Pröll eröffnet.
Dieses Musical hat vor einem Viertel Jahrhundert, nach seiner Uraufführung am Broadway, große Kontroversen ausgelöst. Heute sind die Wogen geglättet, da wir mit Filmen wie "Die letzte Versuchung Christi" und anderen Blasphemien schon sozusagen geimpft sind, aber die Meinungen gehen weiterhin auseinander.
Gute Menschen, die in allem etwas Gutes sehen können, meinen im Sinne Jesu: "Wer nicht gegen mich ist, ist für mich". Dementsprechend kann ein Stück, das sich mit dem Leben Jesu beschäftigt -auch wenn es den Evangelien nicht ganz folgt- letztlich nur Gutes bewirken. Und tatsächlich beschäftigten sich durch dieses Stück Unzählige, die den christlichen Kirchen fern stehen, mit dem Leben Jesu.
Die gleichen guten Menschen werden in dem Stück -nach jahrtausendlanger Verdammung des Judas- einen Versuch sehen, ihn zu verstehen und zu rechtfertigen. Demnach hat Judas Jesus nicht wegen der 30 Silberlinge verkauft. Er wollte vielmehr, dass Jesus seine übernatürlichen Kräfte, die er zur Heilung der Menschen und für friedliche Zwecke benutzte, zur Befreiung der Juden von den Römern einsetze. Er hatte gedacht, dass Jesus, wenn er in die Enge getrieben werde, von diesen Gebrauch machen würde, und dadurch der Aufstand ausgelöst wird. Judas konnte sich nicht vorstellen, dass sich Jesus seiner Verhaftung und Verurteilung nicht widersetzen würde. Als er sah, dass Jesus sich, wie von Daniel prophezeit, wie ein Lamm schlachten ließ, verstand er, dass er Gott versucht und einen Unschuldigen preisgegeben hatte.
Realistische Menschen werden in diesem Stück erkennen, dass nicht Jesus, sondern eigentlich Judas Ischariot die Hauptrolle spielt; dass er auf der Bühne bis zuletzt seine Taten nicht bereut und daher nicht gerettet werden konnte; dass kein übernatürliches Wirken Jesu dargestellt wird; dass Jesus nur widerwillig und quasi aus religiösem Fanatismus und nicht aus Liebe und Gehorsam gegenüber seinem himmlischen Vater ans Kreuz gegangen ist; und dass letztendlich, ohne die Darstellung der Auferstehung Jesu -ohne das Siegeszeichen der Liebe über den Tod- das Stück nicht die Frohe Botschaft vermittelt, sondern eine sehr zynische Botschaft: wenn du Gutes tust, wird dein Lohn Leid und Tod sein.
Wie auch immer, für alle Menschen guten Willens ist und bleibt Jesus ein Superstar for ever und somit auch dieses Musical über seine letzten 7 Tage auf Erden ein Evergreen !
Hier Kritik im Einzelnen:
Regie und Choreographie: Kim Duddy, die Amerikanerin aus Ohio mit Broadwayerfahrung, die schon so gut wie bei allen berühmten Musicals mitgemacht hat, leistete auch hier glänzende Arbeit. Sie wollte, nach eigenen Worten "die menschliche Seite von Jesus zeigen, seine Beziehungen, seine Frustrationen und seinen unbeschreiblichen Glauben. Für mich vermittelt das Stück die Aussage, die auf jede Religion angewandt werden kann: Liebe deinen Nächsten, Toleranz und Glaube, der allein manchmal schon völlig ausreicht!".
Bühne: Landschaftsbilder sehr schön verarbeitet. Während die einfachen Gerüst-Kulissen im Film witzig ausschauen, wirken die Gestänge auf der Bühne etwas einfallslos.
Multimedia: Projektionen auf die Leinwände sind eher durchschnittlich ausgefallen (die hätten sich "That's Life" in St.Peter anschauen sollen).
Beleuchtung: Sehr gute Ausleuchtung (die St.Peterer Veranstalter könnten da eine Menge lernen), schneller Wechsel, sehr stimmungsvolle Farben.
Aktualität: Die Menge, die 'Kreuzige ihn' ruft, erinnert stark an die Bilder der Extremisten von heute: die Frauen haben schwarze Schleier wie Mudschaheddin-Kämpferinnen und die Männer schwarze Hüte gleich ultraorthodoxen Juden.
Gewaltszenen: Nach M.Gibsons "Passion" ist alles noch verkraftbar.
Maske: Sehr gut, das "Blut" etwas zu grell.
Kostüme: Ausgezeichnet, fast zu aufgeputzt, denn manche Kostüme würden für den Karneval in Rio taugen.
Musik: Buchstabentreu, besser gesagt notentreu dem Original. In Verbindung mit der schlechten Akkustik in der Eishalle vermittelte die Band, die ihre Arbeit sonst korrekt verrichtete, das Sound-Flair einer Revue oder eines besseren Strandhotels. Das Arrangement benötigt dringend einen zeitgerechten Akzent, und das Instrumentarium könnte auch ein Update vertragen.
Schauspiel: Aufgeführt mit Leichtigkeit, die Leistungen reichen für Spitzentheater und nicht nur für ein Musical.
Stimmen: Wenn auch keine der Stimmen als ein Wunder bezeichnet werden kann, haben alle eine sehr hohe Qualität, die Stimme von Jesus (Steven Seale) ist sogar angenehmer als die von Ted Neely im Film - da nicht so kreischend. Englisch klingt echt auch bei nicht englischsprachigen Protagonisten.
Technik: Bis auf wenige vernachlässigbare Pannen gut funktionierend.
Fazit: Empfehlenswert für alle, für die Jesus ein Superstar for ever ist, die aber nicht auf eine Sensation aus sind oder eine allzu tiefe Glaubenserfahrung erwarten. Sehr empfehlenswert für jene, die ein Musical auf hohem europäischem Niveau erleben wollen.
Links:
Offizielle Site des Amstettner Musicals:
http://musicalsommer.amstetten.at/2005/
Ein Sujet der Geschichte sowie Texte finden Sie hier:
http://8ung.at/jesuschristsuperstar/index2_deu.htm