Seitenstetten, 13.01.2017

Kolloquium anlässlich des 80. Geburtstages von OStR Dr. Karl Heinz Huber

Freunde, Kollegen und Schüler des beliebten Pädagogen organisierten ein Fest der besonderen Art: sie luden u.a. drei Universitätsprofessoren der Germanistik ein, um über ihre literarischen Lieblingsthemen zu referieren.

Prof. Mag. Dr. Ulrike Tanzer (Universität Innsbruck) brachte den Zuhörern "Sappho auf dem Lande. Die Lyrikerin und Übersetzerin Josephine von Knorr" näher. Diese Adelige mit Wohnsitz auf Schloss Stiebar in Gresten wurde von ihren Zeitgenossen als Lyrikerin sehr geschätzt. Grillparzer und Ferdinand von Saar zählten zu ihren Förderern, mit Marie von Ebner-Eschenbach stand sie in regem Briefwechsel. Diese rund 800 Briefe während ihrer 60-jährigen Freundschaft zeigen ganz neue Perspektiven auf, mit denen Prof. Tanzer sich in ihrer Forschungsarbeit.ausführlich beschäftigte.

Prof. Mag. Dr. Johann Sonnleitner (Universität Wien) hielt eine "Vorlesung" zum Thema: "Pax in bello. Zu Heimito von Doderers Erzählung 'Unter schwarzen Sternen'."
Unter "pax in bello" ist die NS-Zeit zu verstehen, deren vermeintliche Ruhe nur durch "Meisterstücke der Heuchelei" ermöglicht wurde. Doderer war Opportunist und hoffte, so als Schriftsteller größere Bedeutung zu erlangen.

Prof. Mag. Dr. Wolfgang Wiesmüller (Universität Innsbruck) referierte über "Gebet und Gedicht. Lyriker nach 1945.":  Nach Auschwitz habe das theologische Geschehen zwischen Gott und Mensch seine Selbstverständlichkeit verloren (Theodizee-Frage). Als exemplarisch für diese Krise des Gebets führte Dr. Wiesmüller einige Werke von Marie Luise Kaschnitz und Christine Lavant an, erwähnte auch Thomas Bernhards "In hora mortis" und "Auf der Erde und in der Hölle", sowie die Gebetsgedichte von Paul Celan. Als weitere Vetreter dieser Gebetslyrik nannte er Kurt Martin, Horst Samson, Gerhard Rühm und Ernst Jandl.

Nach einem passenden Musikstück, nämlich "Vom Gebet" von J.S. Bach aus dem 'Schemellischen Liederbuch', gesungen von Mag. Michael Wagner, am Klavier begleitet von Mag. Helmut Schaumberger, folgte ein emotional sehr berührender Programmpunkt:

Mag. Franz Kössl, ein Schüler von Dr. Huber, der 1979 in Seitenstetten maturierte und nach seinem Theologiestudium in Waidhofen unterrichtete, las zusammen mit seiner Tochter Mag. Lucia Kössl eigene Gedichte ("Jahreszeiten" und "Erkenntnis"). Er ist seit einem Fahrradunfall 2014 querschnittgelähmt, seine Tochter ist derzeit Probelehrerin für Deutsch am Stiftsgymnasium.

Als besondere Attraktion zum Abschluss dann Julian Schuttings Lesung aus "Zersplittertes Erinnern", 90 Seiten. Verlag Jung und Jung, Salzburg 2016:

In seinem neuen Buch wirft der Amstettner unsentimentale Blicke auf seine Kindheit und Jugend. Schutting hat in den vergangenen vierzig, fünfzig Jahren gelernt, sein makelloses Deutsch immer knapper zu halten. Scheinbar übergangslos wechselt in "Zersplittertes Erinnern" die Prosa in Lyrik über. Wobei jeder einzelne Satz ein Kondensat bildet, in dem weit schwingende Prädikate die Last der Mitteilung tragen, während die Personalpronomen häufig weggelassen werden. (Ronald Pohl in: Der Standard, 5.9.2016)

Abschließend bedankte sich der Jubilar für die Feier, die er als "Literatursymposion" bezeichnete, bei allen - besonders bei den Germanisten "für die Kostproben ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit, die sie serviert haben." Dazu gab es auch kulinarische Leckerbissen in Form von Mehlspeisen, Kaffee und Getränken verschiedener Art.

Moderiert wurde das "GeburtstagsKolloquium" von Mag. Bernhard Pausinger.