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 Viktor Emil Frankl:   Der Mann, der als Erster den Begriff "Sinn" für die Wissenschaft (wieder-)entdeckte.   Eine Hommage anlässlich seines 100. Geburtstages am 26.03.2005.

 

Der Entdecker des Sinns

 

 Seit dem Adamsfall und dem Verlust des ursprünglichen Sinns des menschlichen Daseins rangen die Menschen danach, den Sinn wieder zu finden.   Es waren die Propheten, die mit Gottes Hilfe fündig wurden, und die Philosophen, die sich auf eigene Faust auf die Suche machten.   In der Neuzeit entstandene Wissenschaften verzichteten auf die Zurück-Besinnung (=Religion): die Theologie wurde aus den Geisteswissenschaften disqualifiziert und der Sinn wurde als unwissenschaftlicher Begriff -da unbeweisbar- abqualifiziert.   Die Philosophie, die noch den Status einer wissenschaftlichen Disziplin genießen durfte, beschäftigte sich kaum noch mit dem Sinn des Daseins, sondern eher mit dem Sinn des Nicht-Seins.

 

 Die Tiefen und die Flachheiten der frühen Psychologie

 Erst durch die Psychologie durfte der Sinn wieder zum Bestandteil des offiziellen menschlichen Wissens werden.   Aber es war ein schwieriger Weg.   Zuerst war da Freud, der eine Irrfahrt in die Urgründe der menschlichen Triebe mit seiner Tiefenpsychologie veranstaltete.   Dann Adler, der die Tiefenpsychologie mit seiner Individualpsychologie (passender wäre eigentlich Minderwertigkeitspsychologie) überkompensiert hat.   Danach wäre die Wissenschaft über die menschliche Psyche vermutlich lange in Irrtum und Unsinn stecken geblieben, wenn es nicht Viktor Frankl gegeben hätte.

 

 Logotherapie als Höhenpsychologie

 Was eigentlich jedem aus Glaubenserfahrung, oder zumindest durch den gesunden Hausverstand klar sein müsste, nämlich dass der Mensch einen Sinn fürs Leben braucht, entdeckte die profanisierte Wissenschaft erst durch ihn.   Um als Mensch leben zu können, braucht ein Mensch Antwort auf die Frage "warum bin ich hier" und "wofür lebe ich".   Alle nicht-endogenen psychischen Krankheiten entstehen aufgrund eines Mangels an Lebenssinn oder verschlechtern sich rapide bei dessen Verlust.   Daher ist die erste Therapie, dem Patienten zu helfen, seinen individuellen Existenzsinn (wieder) zu entdecken.   Existenzanalyse nannte Frankl seine Methode und so entstand die dritte Wiener Schule der Psychoanalyse:  die Logotherapie (Logos=Sinn).   Er bezeichnete sie auch als Höhenpsychologie.   Nicht aus Hochmut (er ist sein Leben lang, auch als er schon Weltruhm erlangt hatte, ein bescheidener Mensch geblieben), sondern aus "Komplementarität zur Tiefenpsychologie".

 

 "Die Frage nach dem Sinn im Leben zu stellen ist nicht Ausdruck seelischer Krankheit, sondern ist vielmehr Ausdruck geistiger Mündigkeit"  Viktor Frankl

 

 Praxisbeweis:  Erfolg in Suizidprophylaxe

 In den 30er Jahren organisierte er kostenlose Jugendberatungsstellen und führte Aktionen zur Selbstmordprävention durch, besonders bei Schülern vor der Zeugnisverteilung.    Dadurch konnte er seine Theorie in der Praxis zu Beweis stellen und die gab ihm Recht.    In den Jahren dieser seiner Tätigkeit gab es in Wien keinen einzigen Selbstmord junger Menschen.   In späteren Jahren ist seine Hingabe und Geduld, mit der er sich Menschen in psychischen Krisensituationen widmete, legendär geworden.   Sein Wohnzimmer, zugleich Treffpunkt für Logotherpeuten und seine Ordination, war Tag und Nacht den Bedürftigen offen.   Es war sein großes Anliegen: die Menschen vor Selbstzerstörung zu retten, wodurch sich dann auch sein Engagement gegen Euthanasie ergab.

 

 Der Sinn auch in sinnlosem Leid zu entdecken

 Die Kriegsjahre stellten auch sein fortschrittlich entwickeltes Sinn-Verständnis hart auf die Probe.   Durch Nazi-Terror verlor er seine erste Frau, sein ungeborenes Kind und seine Eltern.   Bis auf eine Schwester, die rechtzeitig emigrierte, kamen alle Verwandten in KZs um.   Er lehnte das amerikanische Visum ab, um bei seinen Eltern bleiben zu können.   Im KZ-Lager erlebte er  "eine der schönsten Stunden" seines Lebens, als er seinem Vater im Sterben beistehen konnte.    Gerade seine Sehnsucht nach dem Sinn half ihm, die Horror-Jahre in Dachau u.a. Lagern zu überstehen.   Er berichtete danach über Fälle von "anständigen SS-Offizieren und sadistischen Häftlingen".   Daher gab es für ihn nur "zwei Rassen der Menschen:  Anständige und Unanständige".   Er entdeckte, dass Leidensfähigkeit ein Bestandteil der seelischen Gesundheit ist.   Solche wertvollen Erfahrungen ergaben dann doch einen Sinn aus einem scheinbar sinnlosen Leiden.   Und dieser Sinn gibt einem dann die Macht, seinen Peinigern zu vergeben.   Frankl hat später nie eine Anklage ausgesprochen oder gar erhoben und er hat nie irgendeine Art Entschädigung gefordert.  

 

 Liebe als Lebenssinn

 Allerdings fand er nach dem Krieg keinen Sinn mehr zu leben, er war "schwer depressiv und extrem suizidgefährdet".   (Dieses vermutlich bisher unbekannte Detail in seiner Biographie machte seine Witwe im anschließenden Gespräch zur Frankl-Vernissage in der Wiener Unibibliothek publik.)   Sie half ihm, seine Traumata zu verarbeiten, worauf er seine (Über-) Lebensstrategien in einem Buch veröffentlichte: "…trotzdem Ja zum Leben sagen".    Die erste Auflage war in einigen Tagen vergriffen, die englische wurde zu seinem ersten Welterfolg.   Für mich persönlich bestätigt das zwei Annahmen:  erstens, dass es keinen Sinn ohne die Liebe gibt, zweitens: das hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau steht.   :)

 

 Multi-Reli als Hindernis

 Allerdings hat er es beruflich auch nachher schwer gehabt, besonders wegen seiner Multi-Kulti, besser gesagt Multi-Reli Ehe.   Dass er als Jude eine Katholikin heiratete, hat ihm die jüdische Gemeinde, welche die Psychowissenschaften seit Freud dominierte, bis zum seinem Tod nicht verziehen (er durfte nicht am jüdischen Friedhof begraben werden).   Und obwohl er Wiener war, nahm ihn Wien nicht besonders herzlich auf.   Trotz Dutzender Ehrendoktorate namhafter Universitäten weltweit und obwohl seine Bücher in über 20 Sprachen millionenfach gedruckt wurden, erhielt er nie Lehrstuhl für Logotherapie an der Wiener Universität.   Auch heute noch wird wenig über ihn in den Schulen gelehrt und in der psychotherapeutischen Praxis wird noch immer wenig auf die Logotherapie zurückgegriffen.

 

 Pontifex zw. Wissenschaft und Religion

 Während Freud die Begriffe Gewissen und Gott nur mit dem "rigiden Überich" in Verbindung bringen konnte, und während Jung die Religiosität im menschlichen "Es", sprich in unbewussten Trieben lokalisierte, fand Frankl heraus, nicht nur dass die Religion "therapeutisch sehr wirksam ist" sondern dass sie auf einer anderen Dimension auf den Menschen wirkt, die für die Medizin unerreichbar ist.   Er gab die Notwendigkeit einer Seelsorge zu, ohne zu versuchen, sie seitens der Psychologie zu vereinnahmen.   Beides, die Psychotherapie wie auch die Seelsorge seien notwendig und müssen zusammen wirken zum Wohl der Menschen im Kampf gegen Geisteskrankheiten und seelische Not.   So wurde Frankl neben seiner Pionierarbeit bei der Entdeckung des Sinns auch der erste Psychologe und einer der ersten Wissenschaftler -noch vor den Makrokosmologen und den Quantenmechanikern- der eine Brücke zur Religion baute.

 

 Sex, Geld oder Sinn ?

 Ich frage mich, ob sich Frankl heute fragen würde, ob sein Leben überhaupt einen Sinn gehabt hat, denn trotz seiner riesigen Erfolge sieht es leider danach aus, dass sich heute noch immer -wie zu Freuds Zeiten- alles um Sex dreht.   Oder ist das doch das liebe Geld ?   Vermutlich würde er sagen: es ist nie zu spät, sich auf die Suche nach dem Sinn zu begeben.

 

G.&J.Malinar

 


 

FOTOS

 

Blick in der Höhe

Im Gegensatz zur freud'schen Tiefenpsychohologie gelang es Frankl, der sein Leben lang begeisterter Bergsteiger war, die Höhenpsychologie zu entwickeln.   Hier auf der Rax.

Foto: imagno.at 

 

Sie gab dem Entdecker des Sinns Lebenssinn

Eleonore Frankl bei der Ausstellungseröffnung anlässlich des 100. Geburtstages Viktor Frankls am 16.03.2005 in der Bibliothek der Universität Wien.

  Foto: Malinar

 


 

Foto: imagno.at

BIOGRAPHIE   

 

26.03.1905   Viktor Emil Frankl wird in Wien als zweites von 3 Kindern geboren.   Die Mutter stammt aus Prag, der Vater, der Direktor in einem Ministerium war, aus Südmähren.

 

1914-1918   Die Familie leidet Hungersnot, die Kinder betteln auf Bauernhöfen um Brot.

 

1915-1923   In der Gymnasialzeit beschäftigt sich Frankl mit den Naturphilosophen und besucht Volkshochschul-Kurse über Angewandte Psychologie.   Er kommt mit der Psychoanalyse in Kontakt.

 

1921   Erster Vortrag Frankls mit dem Thema: "Über den Sinn des Lebens".

 

1923  Maturaarbeit zum Thema: "Zur Psychologie des philosophischen Denkens" (eine psychoanalytisch orientierte Pathographie über Arthur Schopenhauer).

 

1924   Frankl studiert Medizin.   Seine erste Veröffentlichung in der "Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse".

 

1925   In Frankls Aufsatz: "Psychotherapie und Weltanschauung" analysiert er die Beziehung zw. Psychotherapie und Philosophie.  

 

1926   Frankl benützt zum ersten Mal das Wort LOGOTHERAPIE.  

 

1928 - 1929   Frankl organisiert in Wien und vielen weiteren Städten Jugendberatungsstellen, an die sich Jugendliche in seelischen Nöten kostenlos wenden können.

 

1930   Suizidprävention unter Wiener Schülern.    Er hält den ersten Kurs über psychische Hygiene, der je stattgefunden hat.

 

 Foto: imagno.at

 

1931 - 1932   Frankl bildet sich in Neurologie aus und praktiziert im "Maria Theresien Schlössl" in Wien.

 

1933 - 1937  Frankl leitet den sog. "Selbstmörderinnenpavillon" im Psychiatrischen Krankenhaus in Wien, wo jährlich ca. 3000 Patientinnen durch seine Hände gehen.

 

1937   Frankl eröffnet als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie eine Praxis.

 

1939   Frankl führt den Begriff EXISTENZANALYSE ein.   Ein Visum zur Ausreise nach Amerika läßt er unbenützt, um seine alten Eltern nicht im Stich zu lassen.

 

1940 - 1942   Frankl erhält die Leitung der Neurologischen Station am Rothschild-Spital, wo er unter Lebensgefahr die von den Nazis angeordnete Euthanasie von "Geisteskranken" sabotiert.

 

1941   Frankl heiratet Tilly Grosser.

 

1942   Die Nazis zwingen das Ehepaar Frankl zur Abtreibung des gemeinsamen Kindes, sie werden verhaftet und in das Ghetto Theresienstadt (nördlich von Prag) verfrachtet.

 

1945   In Dachau erkrankt er schwer und versucht sich vor dem Delirium zu bewahren, indem er sein von Nazis vernichtetes Buch "Ärztliche Seelsorge" in Gedanken rekonstruiert.    Befreiung durch US-Armee.

 

1946   Frankl wird für die nächsten 25 Jahre Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik .    Er habilitiert auf Grundlage der rekonstruierten "Ärztlichen Seelsorge".   In nur 9 Tagen diktiert er das Buch "Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager", das in der englischen Fassung "Man's Search for Meaning" ein Welterfolg wurde.

 

1947   Frankl heiratet Eleonore Schwindt, die bis zur seinem Tod auch seine Mitarbeiterin war.   Geburt von Tochter Gabriele.   Frankl veröffentlicht Bücher mit den Titeln: "Psychotherapie in der Praxis", "Zeit und Verantwortung" und "Die Existenzanalyse und die Probleme der Zeit".

 

1948   Frankl erhält sein philosophisches Doktorat mit der Dissertation "Der unbewusste Gott".

 

1948 - 1949   Frankl wird Privatdozent für Neurologie und Psychiatrie an der Wiener Universität und hält seine sogenannten "Metaklinischen Vorlesungen".

 

1950   Frankl gründet die "Österreichische Ärztegesellschaft
für Psychotherapie" und wird ihr erster Präsident.   Das Buch "Homo Patiens. Versuch einer Pathodizee" erscheint, in welchem ein neuer Schwerpunkt der Logotherapie gesetzt wird:  die Therapierung und Tröstung des leidenden Menschen.

 

1954   Vorträge an Universitäten in London, Holland und Argentinien.

 

1955   Frankl wird Professor an der Wiener Universität und Gastprofessor an zahlreichen anderen Universitäten.

 

1956   Mit der Neurose aus logotherapeutischer Sicht befasst sich Frankl in dem Buch "Theorie und Therapie der Neurosen".

 

1961   Gastprofessur an der Harvard Universität in Cambridge / USA.

 

1970    In San Diego/Kalifornien wird an der "United States International University" eine Professur für Logotherapie geschaffen und das erste Logotherapie-Institut der Welt gegründet.

 

1992   In Wien wird das "Viktor-Frankl-Institut" gegründet, dessen Vorstand sich aus akademischen Freunden und Familienmitgliedern Frankls zusammensetzt.

 

1995   Autobiographisches Buch "Was nicht in meinen Büchern steht" erscheint. 

 

02.09.1997   Viktor Frankl verschied infolge einer Herzoperation.

 

Selbstkarikatur Frankls, Copyright: imagno.at


 

LINKS

 

Viktor Frankl Institut: http://logotherapy.univie.ac.at/

 

Institut für Logotherapie und Existenzanalyse: http://www.logotherapie.net/

 

Viktor Frankl Zentrum in der Mariannengasse: http://www.franklzentrum.org/

 

Viktor Frankl Ausstellung "Frankl aktuell – Sinnsuche und Wissenschaft" in der Universitätsbibliothek:

 

Fotos mit kurzen Kommentaren von der o.gen. Ausstellungseröffnung:

 

Internationaler Kongress für Logotherapie und Existenzanalyse (1-3.4.2005):

 


 

LITERATUR

 

Literaturangaben gibt es in Fülle auf den oben angeführten Webseiten, daher nur eine Empfehlung für ein Logotherapie-Praxisbuch für Familien im Alltag bzw. für Arbeit mit Jugendlichen: "MUT zum Leben machen.   Selbstwertgefühl von Kindern und Jugendlichen stärken" von Dr. Hadinger,  Leiterin des Institutes für Logotherapie und Existenzanalyse Tübingen/Wien.

 


 

 

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